Titel der Veröffentlichung:
Antiquariae supellectilis portiuncula, et veterum nummorum gnorisma
Lokalisierung
Sammlung:
Inventarnummer:
4° 16333 [Res]
Herstellung
Herausgeber*in:
Verleger*in:
Datierung:
1610
Klassifikation und Beschreibung
Beschreibung:
103 Seiten; 48 Tafel; 1 Zeichnung
Provenienz
Besitzer*in:
Anmerkung:
laut Inschrift auf dem Fronstispiz der Portiuncula
Allgemeiner Kommentar
Kommentar:
Das Exemplar in der Bibliothèque Mazarine in Paris wird als „editio maior“ bezeichnet, da es die umfangreichste Anzahl an Tafeln unter den untersuchten Bänden aufweist: Portiuncula 23 und Gnōrisma 26, insgesamt also 49 Tafeln. Dieses Exemplar ist nicht das einzige bekannte mit vergleichbarem Umfang; weitere befinden sich in verschiedenen Bibliotheken in München, Paris und Rom (vgl. Portal Petau Digital).
Die Tafeln enthalten keinerlei erläuternde Kommentare. Sämtliche Informationen erschließen sich ausschließlich aus den begleitenden Inschriften, die am oberen und unteren Rand oder etwa im Zentrum mancher Tafeln positioniert sind. Diese Beischriften verweisen in der Regel auf Namen, Funktion und/oder Material der dargestellten Artefakte sowie auf dessen Aufbewahrungs- oder Ausstellungsort innerhalb der Sammlung von Petau. Mitunter wird gelegentlich ein Datum angegeben, das auf eine Entdeckung oder den Zeitpunkt der Reproduktion verweist.
Vereinzelt finden sich zudem Hinweise auf Funde, die nach 1610 – dem mutmaßlichen Erscheinungsjahr der Originalausgabe oder des im Jahr 1609 entstandenen ersten Porträts Petaus – gemacht wurden.
Besondere Bedeutung kommt den Inschriften am unteren Rand der Tafeln zu, da sie in den meisten Fällen den Standort der dargestellten Objekte innerhalb der Sammlung – und mutmaßlich auch innerhalb der Wohnräume Petaus – benennen. Daraus ergibt sich, dass Antiquitäten und Münzen offenbar gemeinsam in denselben Räumen präsentiert wurden. Die verwendeten lateinischen Bezeichnungen zur Kennzeichnung der jeweiligen Aufbewahrungs- bzw. Präsentationsorte lassen hinsichtlich ihrer konkreten räumlichen Bedeutung Interpretationsspielraum zu. Neben der häufigen Formel Penes Pa[ulum] P[etavium] C[onsiliarem] R[egis] („im Besitz des Paul Petau, königlicher Rat“) erscheinen Benennungen wie Armario, Capennula, Musaeo, Pinacotheca, Scriniis, Scriniolis oder Tabulario, die auf unterschiedliche Aufbewahrungskontexte innerhalb der Sammlung verweisen, deren genaue topographische oder funktionale Zuordnung jedoch manchmal unklar bleibt.
Die Titelblätter beider Bände nennen Erscheinungsort und -jahr (Parisius MDCX), ohne jedoch einen Verleger auszuweisen. Somit ist von einer direkten Beteiligung Petaus an der Herstellung und Publikation der Tafeln auszugehen.
Eine Künstlersignatur findet sich in der Regel auf der Tafel mit dem Porträt – F[rançois]. Rousset Sculp[sit] Paris¬ ¬– und im Gnōrisma auf der Taf. [18] (= Petau, Néaulme 1757, Taf. 23 H) – F[rançois] R[ousset] SCVLP[sit]¬ – bzw. auf einer nur in wenigen Exemplaren vorhandenen Tafel mit dem Titel „oboli et ceratia“– F[rançois]. ROVSSET SCVLPSIT. Obwohl die meisten Tafel nicht signiert sind, kann aus stilistischen Gründen das gesamte grafische Werk François Rousset (17. Jh.) zugeschrieben werden.
Die Besonderheit dieses Exemplar liegt nicht nur in seinem Umfang sondern v.a. darin, dass es 19 Tafeln enthält, die ganz oder teilweise handkoloriert sind (Portiuncula 7; Gnōrisma 12), wofür ebenfalls Rousset zuständig war (s. infra).
Bislang ist nur ein weiteres buntes Exemplar aus der Bibliothèque interuniversitaire de la Sorbonne in Paris (Sign.: 625) bekannt, das lediglich 43 Tafeln umfasst. Ein mögliches Anliegen dieser farbliche Ergänzung bestand darin, die Materialität der dargestellten Artefakte zu veranschaulichen und exklusive Bände für ein ausgewähltes Publikum zu schaffen.
Bezüglich Inhalt und Aufbau sind die auffälligsten Unterschiede zur ‚editio minor‘ die folgenden:
In der Portiuncula wurde der Vorderarm in der Vorderansicht der Sucellus – Taf. [07] (=Petau, Néaulme 1757, Taf. 06) – ergänzt bzw. die Drehung der Rückansicht – Taf. [08] (=Petau, Néaulme 1757, Taf. 07) – richtig dargestellt. Weiterhin findet sich am Anfang, nach dem Portrait von Petau, die Tafel mit den Anagrammen des Namens Paul Petau, die von Jacques Le Batelier d'Aviron verfasst wurden und das Datum 1611 tragen.
Die Abbildungen der Taf. [25] in der „editio minor“ wurden getrennt und verwendet, um zwei Tafeln der Portiuncula bzw. des Gnōrisma zu integrieren. Sowohl in den in Bezug auf die Anzahl der Seiten größeren Exemplaren aus dem 17. Jh. als auch in allen Nachdrucken des 18. Jhs. ist die Bronzetafel zusammen mit den Abbildungen eines Auszugs aus einem Brief des Abtes Suger und drei Kanopen aus den Handschriften von Pirro Ligorio auf Taf. [11] (= Petau, Néaulme 1757, Taf. 10) der Portiuncula dargestellt. Die als „oboli et ceratia“ bezeichneten Münzen finden dagegen Platz mit weiteren Prägungen auf Taf. [38] des Gnōrisma (= Petau, Néaulme 1757, Taf. 23 P).
Darüber hinaus enthält das hier erschlossene bunte Exemplar der Bibliothèque Mazarin einige Randbemerkungen, die wahrscheinlich vom Besitzer der Bände hinzugefügt wurden ( Taf. [32]; [35]; [43]; [44]; [45]). Es handelt sich um Jean Bigot von Rouen, wie es in der eigenhändigen Inschrift am unteren rechten Rand der Titelseite der Portiuncula heißt: „Bigot du don de celuy qui a gravé et enluminé ce présent livre nommé François Rousset demeurant à Evreux“ (Bigot, aus der Schenkung von François Rousset, dem Graveur und Illuminator dieses Buches, wohnhaft in Évreux.). Schließlich befindet sich nach den beiden gedruckten Katalogen ein Blatt mit der Zeichnung eines Messers, ebenfalls mit farbigem Aquarellierungen, das – wie die handgeschriebene Notizen bezeugen – Jacques Le Batellier d’Aviron gehörte und heute in der BnF, Cabinet des Médailles et Antiques (Inv.-Nr. 52.5109) aufbewahrt ist.
Angesichts der Präsenz der Tafeln mit Artefakten, die nach 1614 entdeckt wurden, sowie der Tafel mit den Anagrammen aus Petaus Namen, datiert auf 1611, wird eine Zusammenstellung der „editio minor“ zwischen 1609 – dem Jahr des Porträts, das vermutlich von diesem Exemplar getrennt wurde und das die erste Tafel des Bandes bildete – und 1614 vorgeschlagen.
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