Titel der Veröffentlichung:
Explication De Plusieurs Antiquités, recuellies par Paul Petau, Conseiller au Parlement de Paris; Représentées en plus de 500 Figures sur 47 Planches in-quarto, parfaitement bien gravées
Lokalisierung
Sammlung:
Inventarnummer:
LF 8261 P477
Herstellung
Verleger*in:
Herausgeber*in:
Datierung:
1757
Klassifikation und Beschreibung
Beschreibung:
8 Seiten, 22 Blätter Tafeln 1-22, 9 Blätter Tafeln 23A-23I, 10 Blätter Tafeln 23K-23T, 1 Blatt Tafel 23V, 1 Blatt Tafel 23X, 4 Blätter Tafeln 24-27
Allgemeiner Kommentar
Kommentar:
Die vorliegende Ausgabe aus dem Jahr 1757 von Paul Petaus’ Katalogen (Portiuncula und Gnōrisma) seiner privaten Antikensammlung – Artefakte und Münzen – erschien in Amsterdam bei Jean Neaulme, jedoch ohne Nennung eines Herausgebers. Sie stellt die am weitesten verbreitete und am häufigsten konsultierte Version dieser Werke dar. Sie basiert auf den originalen Druckplatten des 17. Jahrhunderts und wurde unter Einführung eines alphanumerischen Nummerierungssystems publiziert. Im Unterschied zur Originalversion sind die Tafeln der Portiuncula mit den Ziffern 1 bis 22, jene des Gnōrisma mit 23A bis 23X sowie anschließend mit 24 bis 27 für insgesamt 47 Tafeln gekennzeichnet. Ergänzt wurde diese Ausgabe auch durch einen einführenden Text, sowie durch ein Inventarverzeichnis, das die dargestellten Antiquitäten knapp beschreibt, wenngleich nicht die Münzen. Dank der Kombination aus Nummerierung bzw. kurze Beschreibung und des nahezu vollständigen Tafelbestands gilt dieser Nachdruck von 1757 als die maßgebliche und am häufigsten zitierte Referenzversion beider Kataloge.
Die Tafeln enthalten keinerlei erläuternde Kommentare. Sämtliche Informationen erschließen sich ausschließlich aus den begleitenden Inschriften, die am oberen und unteren Rand oder etwa im Zentrum mancher Tafeln positioniert sind. Diese Beischriften verweisen in der Regel auf den Namen oder die Funktion des Objekts, das verwendete Material sowie auf dessen Aufbewahrungs- oder Ausstellungsort innerhalb der Sammlung von Petau. Mitunter wird ein Datum angegeben, das auf eine Entdeckung oder den Zeitpunkt der Reproduktion verweist. Vereinzelt finden sich zudem Hinweise auf Funde, die nach 1610 – dem mutmaßlichen Erscheinungsjahr der Originalausgabe oder des im Jahr 1609 entstandenen ersten Porträts Petaus – gemacht wurden. Die grafische Ausführung der Tafeln geht auf François Rousset, einen Zeichner und Kupferstecher des 17. Jahrhunderts zurück, der einige der Blätter mit seiner Signatur versehen hat. Für den Nachdruck von 1757 ist lediglich der Stecher des neuen Porträts von 1618 bekannt: Isaac Briot (1585-1670).
Besondere Bedeutung kommt den Inschriften am unteren Rand der Tafeln zu, da sie in den meisten Fällen den Standort der dargestellten Objekte innerhalb der Sammlung – und mutmaßlich auch innerhalb der Wohnräume Petaus – benennen. Daraus ergibt sich, dass Antiquitäten und Münzen offenbar gemeinsam in denselben Räumen präsentiert wurden. Die verwendeten lateinischen Bezeichnungen zur Kennzeichnung der jeweiligen Aufbewahrungs- bzw. Präsentationsorte lassen hinsichtlich ihrer konkreten räumlichen Bedeutung Interpretationsspielraum zu. Neben der häufigen Formel Penes Pa[ulum] P[etavium] C[onsiliarem] R[egis] („im Besitz des Paul Petau, königlicher Rat“) erscheinen Benennungen wie Armario, Capennula, Musaeo, Pinacotheca, Scriniis, Scriniolis oder Tabulario, die auf unterschiedliche Aufbewahrungskontexte innerhalb der Sammlung verweisen, deren genaue topographische oder funktionale Zuordnung jedoch manchmal unklar bleibt.
Bereits die Titelblätter beider Bände der Originalausgabe nennen Erscheinungsort und -jahr (Parisius MDCX), ohne jedoch einen Verleger auszuweisen. Somit ist von einer direkten Beteiligung Petaus an der Herstellung und Publikation der Tafeln auszugehen. Ein markanter Unterschied zu den späteren Ausgaben des 17. Jahrhunderts – darunter die sogenannte editio minor mit 31 Tafeln bzw. die sogenannte edition maior mit 49 Tafeln – betrifft das überarbeitete Porträt aus dem Jahr 1618, das das ursprüngliche Bildnis von 1609 ersetzt. Sowohl die Komposition der betreffenden Tafel als auch das eigentliche Porträt wurden in jenem Jahr von Isaac Briot (1585–1670), dem Bruder von Nicolas Briot, der mit Petaus Tochter Esther verheiratet war, in zeitgemäßer und grafisch anspruchsvollerer Weise neu gestaltet. Die Umarbeitung erfolgte exakt 1618 – dem Jahr, in dem Petaus Witwe Marie Bochault und der drittgeborene Sohn Alexandre die Sammlung veräußerten.
Der erste Teil des Werkes, Antiquariae Supellectilis Portiuncula, präsentiert eine Auswahl aus einer anscheinend weitaus umfangreicheren Sammlung. Es handelt sich um ein florilegium kleinformatiger Antiquitäten, das eine bemerkenswerte Bandbreite an Objektgattungen umfasst: Statuetten, Öllampen, Keramikgefäße, Inschriften, Gegenstände der materiellen sowie religiösen Alltagskultur, Grabdenkmäler und archäologische Fundstücke verschiedenster Provenienz. Vertreten sind Artefakte aus dem römischen, ägyptischen, mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Kontext, die sich nicht nur in Bezug auf ihre Funktion, sondern auch hinsichtlich der verwendeten Materialien stark voneinander unterscheiden. Die Gestaltung der Tafeln in diesem ersten Katalogabschnitt ist auffallend heterogen. Teilweise wird ein einzelnes Objekt in Frontalansicht präsentiert (z. B. Taf. 3), in anderen Fällen erscheinen Vorder- und Rückansicht desselben Stücks auf einer gemeinsamen Tafel (Taf. 11) oder auf zwei getrennten Blättern (Taf. 4 und 5). Mitunter sind mehrere Artefakte derselben Gattung zusammengefasst – wie bei den Öllampen (Taf. 19) – oder es werden unterschiedliche Objekte kombiniert dargestellt (Taf. 18). Einige Tafeln dienen der Dokumentation von Ausgrabungsfunde,, wie etwa auf Tafel 14.
Zählt man sämtliche bis 1618 entstandenen Tafeln, so zeigt den zweiten Teil (Gnōrisma) etwa 350 numismatische Objekte. Abgesehen von wenigen schwer eindeutig zuzuordnenden Exemplaren handelt es sich im Wesentlichen um keltische (95), merowingische (82) und karolingische Münzen (71), wobei Letztere durch 57 weitere, nicht abgebildete Stücke ergänzt werden, deren Rückseitenlegenden Petau lediglich separat wiedergeben läßt. Darüber hinaus umfasst das Korpus spätrömische, byzantinische, ostgotische und iberische Prägungen (insgesamt 44), ergänzt durch drei Medaillen, mehrere Siegel (4), einen geschnittenen Edelstein, eine Miniatur aus einem Manuskript sowie eine kleine Gruppe weiterer Objekte (4). Die Darstellung der Münzen folgt einer überwiegend systematischen Anordnung nach Aufbewahrungsort und wird gelegentlich durch wenige suppellectilis ergänzt. Die imaginēs nummōrum sind jeweils in horizontalen Reihen innerhalb rechteckiger Rahmen positioniert; der Hintergrund variiert zwischen punktiert, linear schraffiert oder vollständig neutral gehaltenen Flächen. Auch der Einsatz von Schatten ist uneinheitlich: Einige Prägungen erscheinen mit plastischer Modellierung, andere ohne. Der Zwischenraum zwischen den Reihen ist entweder leer oder – wie etwa auf Tafel 23B (AVREI) – mit Kreuzschraffuren gefüllt.
Am oberen Tafelrand findet sich meist ein übergeordneter Titel, der sich entweder auf das Material (z. B. Gold oder Silber) oder auf den thematischen Zusammenhang der abgebildeten Objekte bezieht. Entsprechend dem Verfahren in der Portiuncula sind auch hier am unteren Rand Angaben zum Standort innerhalb der Sammlung vermerkt – häufig mit lateinischen Begriffen wie Capennula, Armario, Musaeo, Scriniis, Tabulario oder Pinacotheca, die auf spezifische Räume oder Behältnisse innerhalb der Sammlung verweisen. Weitere Beschriftungen sowie knappe erläuternde Notizen sind teils direkt auf den Tafeln selbst eingetragen. Auf Basis der überlieferten Drucke beider Katalogen liegen uns insgesamt Abbildungen von rund 400 Objekten vor.
Diese Ausgabe stellt die letzte bekannte Version der Antiquitäten- und Münzkataloge Paul Petaus aus dem 18. Jahrhundert dar. Ihr vorausgegangen war die Ausgabe von Albert-Henri de Sallengre aus dem Jahr 1718, welche mit neu gestochenen Tafeln erschien und 1746 von Gisbert Cuper in einer Duplikatauflage reproduziert wurde.
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